Repression gegen die kurdische Bewegung - Infoveranstaltung mit dem Solikomitee Free Kenan und der Anwältin Antonia von der Behrens
Informationen zum Prozess gegen den kurdischen Politiker und Aktivisten Kenan Ayaz wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland“

Am 2. September 2024 hat das Hanseatische Oberlandesgericht den kurdischen Politiker und Aktivisten Kenan Ayaz wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland“ zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Kenan hat eine lange Widerstands- und Verfolgungsgeschichte; er soll Mitglied in der kurdischen Befreiungsbewegung PKK sein.
Kenan Ayaz war auf Betreiben der rot-grünen Bundesregierung im März 2023 auf Basis eines europäischen Haftbefehls in seiner Wahlheimat Zypern festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert worden. Seither sitzt er im Untersuchungshaftgefängnis Hamburg. Von Anfang an hat Kenan argumentiert, dass der Haftbefehl gegen ihn nur deshalb vorlag, weil die Türkei eine stärke Verfolgung von Kurd:innen in Europa im Zuge des Nato-Beitritts von Schweden und Finnland verlangt hat.
Der Prozess gegen Kenan zog sich fast ein Jahr, vom 3. November 2023 bis zum 2. September 2024 und es gab 40 Verhandlungstage. Kenan verteidigte sich bis zum Schluss gegen die politisch motivierten Vorwürfe. Ein ums andere Mal zeigte er auf, dass diese willkürlich konstruiert waren und ihn als kurdischen Intellektuellen trafen. Das Gericht versuchte, Kenan in der Verhandlung mundtot zu machen, standhaft hat er die Missachtungen zurückgewiesen und hat in seinem Letzten Wort, das sich über fünf Tage erstreckte, die Geschichte des kurdischen Volkes im Angesicht der drohenden Vernichtung dargelegt. Die hohe Freiheitsstrafe war die Antwort auf diese Art der Verteidigung.
Auch nach dem Urteil zeigte Kenan seinen Widerstandswillen. Längst könnte er zurück in Zypern sein, hätte er sich nicht entschieden, dieses politische Urteil nicht zu akzeptieren und es anzufechten. In seiner Revision hat er dargelegt, dass im Verfahren die Öffentlichkeit immer wieder rechtswidrig eingeschränkt wurde und er auf einer viel zu dünnen Beweisgrundlage verurteilt wurde.
Kenans Verfahren und sein Widerstand sind nur besonders typisch für die Strafverfolgung der deutschen Justizbehörden gegen politisch aktive Kurd:innen. Seit im Jahr 2013 der erste Kurde nach § 129b StGB, also wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland, ebenfalls in Hamburg verurteilt worden ist, gab es ca. 60 solcher Verfahren. Seit ungefähr drei Jahren wird diese Art der Strafverfolgung intensiv auch auf das europäische Ausland ausgedehnt. Mehrfach im Jahr werden Aktivist:innen der Bewegung aufgrund deutscher Auslieferungsgesuchen im europäischen Ausland festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert.
Die Exekutive entscheidet, wer aufgrund von außenpolitischen Erwägungen als „Staatsfeind“ gilt. Das Demokratiedefizit, das gegenüber den Kurd:innen seit Jahrzehnten Praxis ist, geht uns alle an. Wird heute eine Bevölkerungsgruppe behindert Widerstand gegen ihre Vernichtung zu leisten, kann es bald alle betreffen. Kenan und andere zeigen uns wie wir Widerstand leisten können.